Die Universität Mannheim hat heute folgende Presseinformation (hier als PDF) herausgegeben:
Kostet „Stuttgart 21“ Ministerpräsident Stefan Mappus das Amt? Überholen die baden-württembergischen Grünen tatsächlich die SPD? Wie viele Menschen werden sich am 27. März an der Landtagswahl beteiligen – und warum? Dies sind nur einige der Fragen, die im Mittelpunkt der „Wahlstudie Baden-Württemberg 2011“ stehen. Der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Thorsten Faas leitet diese groß angelegte akademische Studie am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) der Universität Mannheim.
„Bei Wahlen gibt es immer weniger Selbstverständlichkeiten“, sagt Juniorprofessor Faas. „Dies gilt sowohl mit Blick auf die Beteiligung als auch die Entscheidung für die eine oder andere Partei.“ An dieser Stelle setzen die Wissenschaftler des MZES an. Ab sofort analysieren sie das Informationsverhalten, die Meinungsbildung und letztlich die Entscheidungsfindung der Bürger in Baden-Württemberg bis zum Wahltag im März des kommenden Jahres.
Um Veränderungs- und Kristallisationsprozesse in der öffentlichen Meinung so detailliert wie möglich untersuchen zu können, nutzen die Wissenschaftler ein Forschungsdesign, das weltweit bislang nur bei der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl 2008 zum Einsatz gekommen ist. 4.000 Bürger werden im November und Dezember 2010 via Internet vom Meinungsforschungsinstitut YouGovPsychonomics befragt. „So erfassen wir die Ausgangslage vor der heißen Phase des Wahlkampfs“, sagt Faas. Die Personen werden in den Wochen vor der Wahl noch weitere drei Mal befragt. Zugleich ist sichergestellt, dass in der heißen Phase des Wahlkampfs Tag für Tag neue Daten erhoben werden. „So können wir sowohl für einzelne Wahlberechtigte als auch für die Wähler in Baden-Württemberg insgesamt verfolgen, was sie über den Wahlkampf erfahren, wie sie mit diesen Informationen umgehen und wie sie sich dann letztlich entscheiden“, erläutert Faas.
Die Wissenschaftler des MZES sehen ihre Studie nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zur kommerziellen Umfrageforschung. „Uns geht es weniger darum, welche Partei heute vielleicht ein halbes Prozent mehr oder weniger bekäme. Wir wollen die Trends und Bewegungen in der öffentlichen Meinung und insbesondere ihre Hintergründe sichtbar machen“, betont Thorsten Faas. Es sei gut möglich, dass beispielsweise das Projekt „Stuttgart 21“ die Wahl entscheidet. „Wir werden daher genau verfolgen, wie sich die Bedeutung des Themas und insbesondere die Haltung der Wählerschaft hierzu bis zum März 2011 entwickelt“. Ergebnisse der ersten Erhebungswelle sollen im Dezember 2010 vorliegen.
Die Wahl- und Wählerforschung am MZES befasst sich bereits intensiv und kontinuierlich mit Studien zu Europa- und Bundestagswahlen. So ist Thorsten Faas gemeinsam mit Mannheimer Kollegen und Wissenschaftlern weiterer Universitäten auch an der umfassendsten Deutschen Bundestagswahlstudie, der „German Longitudinal Election Study“ (GLES), beteiligt. Allerdings sei es wichtig, die akademische Wahlforschung nicht auf Bundestagswahlen zu verengen, erklärt Faas, „denn Veränderungen des Wahlprozesses in Deutschland, etwa die sinkende Wahlbeteiligung oder der steigende Anteil von Wechselwählern, treten gerade bei Landtagswahlen besonders deutlich zu Tage“. Auch die Veränderungen in Folge der Föderalismusreform und die damit verbundene steigende Bedeutung von Landespolitik machten Landtagswahlen nicht nur für die Wissenschaft immer wichtiger. „Mit der Wahlstudie Baden-Württemberg wollen wir einen ersten Schritt machen, um diese bestehende Lücke in der akademischen Wahlforschung zu schließen“, so der Politikwissenschaftler.
Die Wahlstudie Baden-Württemberg 2011 wird finanziert durch das Juniorprofessorenprogramm des Landes Baden-Württemberg.
Thorsten Faas
14. Januar 2011Hier noch eine PM dazu:
http://nachrichten.t-online.de/intensive-forschung-zu-waehlerverhalten-in-baden-wuerttemberg/id_43906950/index